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Q:RHEINISCHE POST

Logopädische Behandlung kann helfen

Wenn falsche Aussprache ein Kind belastet

Von ALEXANDRA LUTHER

KORSCHENBROICH: „Sssseee“, betont die Sechsjährige, während sie ihren Mund in einem Spiegel beobachtet. Das Mädchen spricht keinen exotischen Dialekt: Kira ist in Behandlung und macht sich für ihre Therapiestunde warm. Gabriele Langen, Logopädin aus Korschenbroich, behandelt das Mädchen einmal wöchentlich in der Praxis in ihrem Privathaus.
„Ich habe Kira angemeldet, weil sie die Zischlaute nicht vernünftig sprechen konnte“, erklärt Ulrike Lizza, „außerdem dachte ich mir, daß es nicht so schön ist, wenn sie mit 16 Jahren auch noch so lispelt.“ Die Tochter der Korschenbroicherin streckt die Zunge zwischen die Zahnreihen, wenn sie spricht. Dies zu beheben, bedeutet für Gabriele Langen und ihre kleine Patientin Arbeit – obwohl die Behandlung nicht danach aussieht: Kira und die Logopädin lassen Spielfiguren – Biene Maja und Willy – von Pappblume zu Pappblume hopsen. Die Blüten sind vor den beiden auf einem Tisch ausgebreitet. Bei jedem „Flug“ stellen die beiden die Backenzähne aufeinander, schürzen die Lippen und sagen gedehnt: „Sssaaa“, „Sssoo“ oder „Sssööö“.

Sohle, Suppe, Säge

„Und hat die Zunge gelauert?“ fragt Langen. Die Sechsjährige schüttelt den Kopf. Diesmal ist die Zunge hinter den Zähnen geblieben. Nach diesem Erfolg fordert die Logopädin das Kind zu einem neuen „Spiel“ auf. Ein Stapel von Memoriekarten wird auf dem Tisch verteilt. Auf jeder einzelnen ist das Bild eines Gegenstands, der mit einem stimmhaften „S“ beginnt, zu sehen: eine Sohle, Suppe, oder Säge. Wer eine Karte umdreht, muss den aufgemalten Begriff laut nennen.
„Die Geräusche mache ich gern“, meint das sechsjährige Mädchen. Diese darf sie in den rund 40 Minuten, die sie jede Woche bei der Logopädin verbringt, oft genug vorführen. „Zeig mir mal die kleine Schlange“, fordert Langen das Mädchen auf. Kira zischt ein stimmloses “S“. Jetzt soll sie sagen, welche Gegenstände auf dem Blatt abgebildet sind, das vor ihr liegt. „Ein Messer, Nüsse, ein Schlüssel“, zählt sie auf. Jedes richtige „S“ wird mit einem Marienkäfer aus Holz belohnt. „Lob erhält die Sprechfreude“, erklärt Langen. „Prima machst du das“ sagt die Therapeutin deshalb immer wieder, als Kira am Ende der Stunde gelingt, ganze Sätze richtig zu sprechen. „Ich sehe was, was du nicht siehst“ spielen die beiden – und dabei muß der „S“-Laut sehr oft benutzt werden.

Messer, Nüsse, Schüssel

„Kira ist nah am Ziel. Sie braucht wohl nur noch fünf Behandlungen“, verkündet Gabriele Langen. Die Logopädin hat nicht immer solche Erfolgserlebnisse. Die Therapie von Sprachstörungen kann auch Jahre dauern. Die Mühe lohnt sich jedoch, weiß die Korschenbroicherin. Denn: „Mangelndes sprachliches Selbstbewußtsein kann dazu führen, dass Kinder sich zurückziehen“.

Bilduntertitel

„Kira ist nah am Ziel“, sagt Gabriele Langen. Die Logopädin hat nicht immer solche Erfolgserlebnisse: Die Therapie von Sprachstörungen kann Jahre dauern.

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DAS STICHWORT

Logopädie

KORSCHENBROICH. „Jedes vierte Kind mi Vorschulalter hat Sprachauffälligkeiten“ schätzt Logopädin Gabriele Langen. Sie stottern, lispeln, näseln oder leiden an Schluckstörungen. „Ich bemühe mich, den Kindern spielerisch etwas beizubringen“, erklärt die Fachfrau. Neurologisch bedingte Störungen, die etwa nach Hirnblutungen oder – wie bei Erwachsenen häufig – nach Schlaganfällen auftreten, gehören ebenfalls zum Tätigkeitsbereich der Therapeutin. Am häufigsten behandelt sie jedoch kleine Patienten mit Lautfehlbildungen, wie Kira sie hat. Wenn ein Arzt die Logopädie verschrieben hat, übernehmen die Krankenkassen bei Kindern die vollen Kosten. Erwachsene müssen 15 Prozent hinzuzahlen. alu
Q: RHEINISCHE POST Dienstag, 9.02. 1999 – Nr. 33 Ausgabe KORSCHENBROICH UND JÜCHEN
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